Im vergangenen Jahr haben wir uns einmal mehr mit grossem Engagement der erfolgreichen Umsetzung des PvB BauTeile THRB und KID sowie des JobCoachings (JCP) gewidmet. Die kontinuierliche Weiterentwicklung und Optimierung standen dabei ebenso im Zentrum wie die Sicherstellung eines reibungslosen Betriebs.
Besonders erfreulich war die anhaltend hohe Auslastung sämtlicher Programme. Trotz einer spürbaren, wenn auch moderaten Abkühlung der Konjunktur konnte die Auslastung über das gesamte Jahr hinweg auf einem konstant hohen Niveau gehalten werden. Besonders bemerkenswert war die durchgängig hohe Präsenz der Teilnehmenden in des PvB BauTeile – sowohl im Rahmen der Beschäftigung als auch in den wöchentlich stattfindenden Coachinggefässen Dieser positive Trend zeigte sich insbesondere im vierten Quartal und bestätigt den hohen Stellenwert sowie die Relevanz des Angebots für die Teilnehmenden.
Herausfordernd gestaltete sich hingegen die rückläufige Anzahl externer Demontage-Aufträge. Während wir zu Jahresbeginn noch über eine solide Auftragslage verfügten, mussten wir im Verlauf des Jahres, insbesondere im vierten Quartal feststellen, dass die Akquisition neuer Projekte zunehmend anspruchsvoller wurde. Diese Entwicklung führte dazu, dass bestehende Ressourcen noch gezielter in der Werkstatt eingesetzt werden mussten, um eine möglichst hohe Effizienz sicherzustellen.
Ein weiterer Schwerpunkt unserer Tätigkeit lag im dritten und vierten Quartal auf der Ausarbeitung neuer Konzepte für die PvB- und JCP-Angebote im Hinblick auf die kommende Umsetzungsperiode 2026 – 2030. In diesem Zusammenhang haben wir sowohl inhaltliche als auch strukturelle Anpassungen beschrieben, um den sich wandelnden Anforderungen und Bedürfnissen gerecht zu werden. Dabei war es uns ein besonderes Anliegen weitere Synergien zu nutzen und die Digitalisierung in der Organisation und bei den Teilnehmenden zu fördern.
Seitens der Gemeinden haben wir auch in diesem Jahr wieder eine deutliche Zunahme der Anmeldungen von Menschen mit Fluchthintergrund verzeichnet. Die Mehrheit davon stammt aus der Ukraine und der Türkei. Die grosse Herausforderung besteht im Rahmen des Arbeitsintegrationscoachings darin, die Fähigkeiten und Qualifikationen, die sich diese in ihrem Heimatland erworben haben, für den hiesigen Arbeitsmarkt nutzbar zu machen. Dies erfordert zwingend das Eingehen von Kompromissen, zu denen unsere Teilnehmenden meist erst in einem Prozess herangeführt werden müssen. Darin werden gemeinsam marktgerechte Bewerbungsunterlagen erstellt und die Planung der nächsten Schritte in der Arbeitsintegration veranlasst. Meistens ist ein externer Arbeitseinsatz die geeignete Massnahme, durch die die Teilnehmenden erste Arbeitserfahrungen sammeln, unsere Arbeitskultur kennenlernen und sich mit gutem Arbeitsnachweis und Referenz für Stellen im ersten Arbeitsmarkt empfehlen können.
Auch wenn in diesem Prozess natürlich auch die individuelle Geschichte und das persönliche Befinden thematisiert werden, geht zuweilen vergessen, mit wieviel Schmerz, Unsicherheit und Frustration die Flucht aus dem Heimatland und das Zurechtfinden am neuen Ort verbunden sind.
Herr T., einer unserer Teilnehmenden aus der Türkei hat dies in einem eindrücklichen Text festgehalten:
Die Geographie ist das Schicksal" – ein Satz, der im Laufe der Geschichte unzählige Male seine Wahrheit bewiesen hat. Der Mensch kann nicht wählen, wo er geboren wird; der Wind bestimmt, wohin das Leben ihn trägt. Auch wir öffneten unsere Augen in diesen Landen, lernten mit Fleiss, bauten uns mit jahrelanger Mühe und Hingabe eine berufliche Existenz auf. Die Ordnung, die wir geschaffen hatten, unsere Identität, unsere Freiheit, unsere Familie, unser Zuhause und unser gesellschaftlicher Platz – all das wurde uns über Nacht genommen. Eines Morgens wachten wir auf, und das Leben, das wir aufgebaut hatten, war nicht mehr unser. In diesem Moment verstanden wir, dass der zivile Tod nicht nur den Körper trifft, sondern auch die Seele in die Verbannung schickt.
Doch unsere Verluste beschränkten sich nicht nur auf das Materielle. Unsere Erinnerungen, die uns formten, unsere Erfahrungen, die uns prägten, und die unsichtbaren Fäden, die uns mit Menschen und Orten verbanden, wurden mit einem einzigen Schnitt durchtrennt. Erinnerungen, die einst ein sicherer Hafen waren – mal melancholisch, mal hoffnungsvoll – verblassten wie Tinte, die sich in Wasser auflöst. Es war, als hätte jemand unser gesamtes Leben gelöscht, ohne eine Sicherungskopie zu hinterlassen. Doch vielleicht war es noch schmerzhafter – denn nicht nur unsere Erinnerungen, sondern auch unser gesamtes Selbstverständnis wurde uns genommen.
Und dann… Nach einer Reise voller Hindernisse, auf der ich dem Tod ins Auge blickte, setzte ich meinen Fuss auf den Boden eines neuen Landes, das mir eine zweite Chance bot. Hier begegneten mir Menschen mit aufrichtiger Wärme und ehrlicher Zuwendung. Es war eine Erfahrung, die sich nicht in Worte fassen lässt – tief, bewegend, seelenberührend. Und Dankbarkeit… Sie ist das Band, das alle verbindet, die diesen Weg gegangen sind; eine Empfindung, deren Wurzeln im Schmerz liegen, deren Zweige sich aber der Hoffnung entgegenstrecken.
Aber haben Sie jemals darüber nachgedacht, was es bedeutet, in einem fremden Land wieder bei null anzufangen? Eine lebenslange Ausbildung, jahrelange harte Arbeit, gesammelte Erfahrung, eine mühsam erbaute Karriere. Was, wenn all das von einem Tag auf den anderen nicht mehr zählt? Was, wenn Sie in ihrem eigenen Land das Rechtssystem mit grösster Präzision kannten, die Waage der Gerechtigkeit hielten – und plötzlich als ein Fremder neu beginnen müssen? Das ist nicht nur der Verlust eines beruflichen Status, sondern eine tiefgreifende Auseinandersetzung mit der eigenen Identität.
Und als wäre das nicht genug, kommt die Bürde eines Neuanfangs hinzu. Sprachbarrieren, nicht anerkannte Abschlüsse, der Verlust jahrelanger Arbei. Mit der Zeit scheint es, als würden sich die Türen der Möglichkeiten immer weiter schliessen. Menschen, die einst Experten in ihrem Fach waren, sehen sich plötzlich vor der Realität, dass selbst einfache Berufe unerreichbar erscheinen. Arbeitslosigkeit, wirtschaftliche Unsicherheit, die Angst, die eigene Unabhängigkeit zu verlieren, das Gefühl, dass die eigene berufliche Identität dahinschwindet. Eine unsichtbare, aber schwere Last, die das Innere zermürbt.
Dabei war bis zum 15. Juli 2016 in der Türkei alles ganz anders. Wir hatten ein geordnetes Leben, eine Existenz, die wir mit harter Arbeit aufgebaut hatten. Heute versuchen wir, hier einen Neuanfang zu wagen, eine neue Zukunft zu gestalten. Einst standen wir auf eigenen Beinen, produzierten, trugen zur Gesellschaft bei – und nun sind wir gezwungen, unser Leben von Grund auf neu zu errichten. Und wenn man sein Leben mit eigener Kraft aufgebaut hat, dann lernt man erst wirklich, was es bedeutet, auf fremde Hilfe angewiesen zu sein.
Doch alles, was geschieht, ist nicht nur Verlust, es ist zugleich eine Reise der Transformation. Die Bedrohungen, denen wir in der Türkei ausgesetzt waren, der Verlust unserer Berufe, die gesellschaftliche Ausgrenzung und die Notwendigkeit, unsere Heimat zu verlassen, zwangen uns, ein neues Kapitel zu beginnen. Auswandern ist immer ein Hoffnungsschimmer, aber ein Neuanfang erfordert Mut. Sprachbarrieren, berufliche Anerkennung, wirtschaftliche Unsicherheit, Arbeitslosigkeit. All das ist eine unsichtbare, aber schwere Last, die viele von uns mit sich tragen.
Dennoch sind wir Menschen mit jahrelangem Wissen und wertvoller Berufserfahrung, die dieser Gesellschaft einen bedeutenden Beitrag leisten könnten. Doch da wir unser Leben in einem anderen System aufgebaut haben, stehen wir nun vor der Herausforderung, mit Menschen zu konkurrieren, die hier geboren und aufgewachsen sind. Gleichheit bedeutet nicht, dass jeder am selben Punkt startet, sondern dass jeder die Möglichkeit erhält, sein wahres Potenzial zu entfalten. Diese Balance zu schaffen, ist nicht nur für den Einzelnen, sondern für die gesamte Gesellschaft ein Gewinn.
Für eine alleinerziehende Mutter oder einen alleinerziehenden Vater, der mit seinen Kindern ums Überleben kämpft, wird dieser Prozess zu einer noch grösseren Prüfung. Die Spuren der Vergangenheit, gesundheitliche Probleme, die durch die erlebten Traumata verstärkt werden, Arbeitslosigkeit, wirtschaftliche Unsicherheit – all das macht die Last des Lebens noch schwerer. Die Zukunft der eigenen Kinder zu gestalten, sich für ihre Bildung, Gesundheit und ihr Glück einzusetzen und gleichzeitig mit den eigenen gesundheitlichen Herausforderungen zu kämpfen. Manchmal fühlt es sich an, als würde man einen Berg auf den Schultern tragen.
Doch all diese Herausforderungen können mit den richtigen Unterstützungssystemen bewältigt werden. Doch für jemanden, der gelernt hat, seine Gefühle zu unterdrücken, stark zu bleiben und sich nach innen zurückzuziehen, ist es nicht immer einfach, Hilfe zu suchen. Kulturelle Prägungen, Schwierigkeiten bei der Selbstreflexion oder der eigene psychische Zustand können dazu führen, dass betroffene Personen zögern, Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Doch manchmal besteht die grösste Stärke nicht nur darin, zu überleben, sondern auch den Mut zu finden, seine Stimme zu erheben und zu sagen: "Ich bin hier."
Für manche ist Therapie eine Tür zu einem Neuanfang; viele andere versuchen, diesen Weg allein zu gehen. Traumata, die sich im Geist und Körper ansammeln, können mit der Zeit zu einer schweren Last werden und die Gesundheit beeinträchtigen. Doch Hilfe anzunehmen ist keine Schwäche – es ist ein mutiger Schritt, um wieder aufzustehen.
Und trotz allem geht das Leben weiter. Egal wie schwer es ist, jeder neue Tag bringt die Möglichkeit für einen Neuanfang. Vielleicht können wir nicht zurückholen, was wir verloren haben, aber unsere Zukunft liegt noch immer in unseren Händen. Das Leben nimmt uns manchmal viel, aber es gibt uns auch die Chance, Neues zu gewinnen.
Und manchmal fühle ich mich erschöpft. Meine Hoffnungen verblassen, das Licht in mir erlischt. Ich finde keinen Grund weiterzumachen. Dann aber reisse ich mich zusammen, weil das Leben mir keine andere Wahl lässt. Manchmal weiss ich nicht einmal, was ich fühle; ich breche zusammen, nur um wieder aufzustehen. Doch jedes Mal finde ich einen Weg, weiterzugehen. Denn aufzugeben ist keine Option.
Text von Herr T.
Erfolgreiche Arbeitsintegration
Herr K., anfangs 40, geriet vor einigen Jahren im Zusammenhang mit Schwierigkeiten am Arbeitsplatz und familiären Konflikten in eine schwere psychische Krise, die einen mehrmonatigen Klinikaufenthalt erforderte. Nachdem er sich wieder stabilisiert hatte, wurde er von der IV bei uns für eine Integrationsmassnahme angemeldet. In unserer Werkstatt begann er ein Aufbautraining mit zunächst 3 Std. täglich und vermochte das Pensum schon nach kurzer Zeit zu steigern. Er erkannte, dass er seine Leistungsfähigkeit stetig erhöhen konnte und stärkte dadurch sein Selbstvertrauen. In früheren Jahren hatte Hr. K. hauptsächlich in Landwirtschaft/Gartenbau und Gastgewerbe gearbeitet. Sein Umstieg in die Pflege vor einigen Jahren stellte sich als falsche Wahl und Überforderung heraus. Bei uns erkannte er, dass ihm die körperliche handwerkliche Arbeit mehr entspricht. Im Anschluss an das erfolgreiche Aufbautraining absolvierte er zwei dreimonatige Arbeitsversuche. Beim zweiten, den er als Mitarbeiter Logistik in einem Entsorgungs- und Recyclingunternehmen absolvierte, konnte er die Verantwortlichen davon überzeugen, ihm im Anschluss eine Festanstellung anzubieten. Wir denken, dass der familiäre Betrieb sich bestens für ihn geeignet. Für die Probezeit werden wir ihn weiter begleiten. Zudem wird er zur Stabilisierung weiterhin psychiatrische Unterstützung und Medikamente in Anspruch nehmen.